Interessantes Lebensmodell - Oder was ein Ausflug nach Frankfurt so für neue Lebensperspektiven bringt ;)
- Verfasst 2011 -

Die Tage habe ich eine Freundin in Frankfurt besucht und als wir so bei einem Glas Merlot in der Küche ihrer Wohnung saßen, diskutierten wir darüber, wo wir in zehn Jahren wohl wie leben würden.
Da wir beide aus leidvoller Erfahrung wohl nicht mehr so richtig überzeugt sind vom Modell fester Partnerschaften an sich oder sogar dem gesellschaftlich so vor sich hergetragenem Modell der Ehe, kamen in diesen Zukunftsüberlegungen diese beiden Konstrukte nicht wirklich vor.
So, es mag zugegebenermaßen am Rotwein gelegen haben, kreisten die Überlegungen um die Gründung einer WG in einer faszinierenden, spannenden Stadt mit gleichaltrigen oder zumindest gleich denkenden interessanten Menschen.
Wieso sollte man nicht, sofern sich bis dahin nichts ändert, einfach mit 40 zusammenziehen, etwa in Berlin und so eine Art spannende Ersatz-Familie gründen?
Das Ganze hat natürlich irgendwie etwas von „Kommune I“, insbesondere da die Freundin jetzt nicht gerade unattraktiv ist. Aber mein Gott, es gibt schlechtere Alternativen. Glaubt man so manchem „Zukunftsforscher“, die etwa die selbe Trefferquote wie Börsenanalysten haben ;) , dann steuern wir auf eine Gesellschaft mit Single-Haushalten zu, die sich mangels Fortpflanzungswunsch nach und nach abschafft. Da ich, wie anscheinend jeder Andere, auch meine eigenen Gene als fortpflanzungswürdig erachte und Kinder liebe, bin ich nicht grundsätzlich gegen Fortpflanzung.
Allerdings hängt am Thema Fortpflanzung auch immer das Thema dauerhafte Beziehung und damit ist das Thema für mich gestorben.
Als die Lebenserwartung noch relativ begrenzt war, da war es sicher biologisch einfacher „bis das der Tod Euch scheidet“ zusammen zu bleiben. Doch heute, mit all den Erfordernissen der Arbeitswelt und den Verlockungen immer stärker ausgeprägten sozialen Vernetzung ist der Tod noch ziemlich weit weg.
Wenn man im Bekanntenkreis eine 10%-Erfolgsaussicht für dauerhafte Beziehungen feststellt und auf mehr Hochzeiten eingeladen war, die eine Scheidung anstatt lebenslanges Glück nach sich zogen, kommt man irgendwann auf den Gedanken, dass die „ewige Liebe“ die Erfindung eines Absinth-berauschten Autors der Romantik war. Außerdem ist es doch nicht wirklich eine schlechte Zukunftsprognose, wenn man sich vorstellt, wie man mit guten Freundinnen und Freunden zusammen in einer WG alt wird und dabei immer noch mehr miteinander kommuniziert, als in so mancher Ehe :)
So ist es doch ein wirklich spannender Gedanke mit 40 einfach nach Hamburg (mein Favorit), Berlin oder Genf (teuer, aber schick) zu ziehen und dort im Kreise guter Freunde noch mal durchzustarten.
Wie man lesen kann, wenn man dies trotz PISA noch können sollte, bin ich und meine Frankfurter Freundin keine Fans nicht-europäischer Auswanderungsziele. Zugegeben, ich war bis jetzt nur einmal in den Vereinigten Staaten, aber das hat völlig ausgereicht. Eher würde mich St. Petersburg reizen als Los Angeles.
Um nicht missverstanden zu werden, die U.S.A. wären ein tolles Land, wenn nicht die politischen Meinungen und das Geschichtsbewusststein der Bevölkerung wären. Die dort vorherrschende Einteilung der Welt in Gut und Böse erinnert mich einfach zu sehr an meine Studentenzeit in einem katholischen Studentenverein. Nach der zweiten Flasche Merlot gingen wir beide in einer kleinen, aber gemütlichen Frankfurter Küche dann irgendwann dazu über uns die lustigsten Beziehungsbomben zu erzählen. Natürlich nur vor dem Hintergrund, uns gegenseitig das WG-Modell schmackhaft zu machen..... ;)
Einer meiner Favoriten war zweifellos das Durchstehen aller Teile von „Herr der Ringe“, weil die damals „bessere Hälfte“ auf Orlando Bloom abfuhr. Typisch geistig-minderbemittelter Elf, kommt zu einer Schlacht mit Pfeil und Bogen.
Man(n) sollte mal Frau zwingen alle Teile des „Paten“ anzusehen :)
Natürlich konnte sie es noch toppen: Ihr ehemaliger Freund hat es doch tatsächlich geschafft ein Wochenende, geplant als „Romantik für Zwei“, zugunsten seines Lieblingsvereins in ein Männerwochenende auf der Couch mit seinen Freunden und seinem Lieblingsgetränk vor dem Fernseher zu verwandeln.
Ab und an haben wir schon das Feingefühl einer Kettensäge.
Vielleicht ist es einfach nicht vorgesehen, dass Frauen und Männer dauerhaft in einer Beziehung zusammen leben?
Schließlich ist das ein Zusammenleben von Deckel-Hochklappern und Runterklappern, von Kaffee- und Teetrinkern, von Harry-Potter-Lesern und James-Bond-Schauern, von „Bester-Freund-Haben-Dürfenden“ und „Beste-Freundin-Nicht-Haben-Dürfenden“.
Ich rutsche schon wieder in die Aufarbeitung längst verwesender Beziehungsalpträume ab :(
Also zurück zum Thema: Welche Stadt wäre wohl innerhalb Deutschlands geeignet für eine sich zu einer Rentner-WG entwickelnde WG von kreativen Leuten, die sich alle irgendwie noch für zu jung oder schon für zu alt für feste Beziehungen halten?
Nun, natürlich kommen da all jene Städte nicht in Frage, die einmal pro Jahr dem Karnevalsirrsinn verfallen (also fallen Bonn, Köln und Mainz aus), sowie alle Städte mit furchtbarem Dialekt (zu streichen wäre also Leipzig, Mannheim und natürlich Nürnberg).
Die Liste potentieller Städte ist also aufgrund der kleinen Gruppe der No-Gos absolut groß, aber es ist ja auch noch ein bisschen Zeit. Ich werfe jedenfalls ab und an mal wieder St. Petersburg oder Amsterdam in den Ring der Möglichkeiten :)