Mittwoch, 29. März 2017
Ein Rabbi, ein Priester, ein Pfarrer und ein Mufti sitzen an einem Tisch und unterhalten sich kompetent über alle Weltreligionen.
**Rubrik: Werte & Gesellschaft**

- Verfasst 2011 -

Der Artikeltitel könnte einer der kürzesten Witze über das Verhältnis der Religionen sein.
Mein Interesse an Religionen allgemein wurde relativ spät geweckt, fast am Ende der Schulzeit. Durch einige Zeit in einer katholischen Studentenverbindung als Protestant und dem Umzug nach NRW bekam man dann einen noch intensiveren Einblick in die Glaubensrealität in der heutigen Zeit.

Die weit verbreitete Intoleranz gegenüber dem Islam, sowohl bei Katholiken als auch Protestanten, aber auch die Intoleranz vieler Muslime gegen das Christentum ergibt sich wohl aus der Unkenntnis der eigenen und anderer Religionen. Vor dem viel beschriebenen Dialog der Religionen sollte zunächst die Steigerung der Kenntnisse über die eigene und andere Religionen stehen.

Wer sich etwa als überzeugter Christ bezeichnet, die Bibel aber nicht wirklich gelesen hat, der sollte doch wohl Abstand davon nehmen den Islam und speziell einen ebenfalls nicht gelesenen Koran zu beurteilen. Für mich war es sehr bezeichnend von einem gestandenen katholischen Theologen zu erfahren, dass er sich im gesamten Studium nicht mit dem Koran befasst hatte, sogar auch zukünftig dafür keine Notwendigkeit sähe.
Wie könnte man das wohl etwas vereinfacht beschreiben: Ein möglicher Amtsträger einer Weltreligion soll möglicherweise als Vermittler zwischen seinen Gläubigen und anderen Religionsanhängern dienen und weiß absolut nichts von der „Konkurrenz“.
Da wird der Dialog sicherlich erfolgreich verlaufen ?

Doch auf der Gegenseite – unglücklicher Begriff – sieht es meist auch nicht besser aus, zumeist bei einem Großteil der deutschen Muslime. Die häufig aus ländlichen Gebieten der Türkei stammenden Deutschen werden auch in Deutschland häufig von Angehörigen der türkischen Religionsbehörde betreut. Durch den leider mit der Regierung Erdogan einhergehenden Refundamentalisierungsprozess einhergegangenen Kurswechsel ist von dieser Seite kein allzu großes Interesse an gegenseitiger Erkenntnisgewinnung zu erwarten.
Auch leiden deutsche Muslime zu Recht unter falschen Signalen der deutschen Politik.

Die unsägliche Worthülse des Bundespräsidenten „Der Islam gehört zu Deutschland.“ gibt das falsche Signal und zieht die Erwartung nach sich, dass der Islam ebenso staatlich gefördert werden würde, wie die christlichen Kirchen. Die Formulierung des Präsidenten eines säkularen Staates hätte lauten sollen: „Angehörige jeglicher Religion, sofern diese keine verfassungsfeindlichen Ziele verfolgt, sind hundertprozentige und wertvolle Staatsbürger.“
Die ungerechtfertigte Bevorzugung christlicher Institutionen hätte schon seit Jahren als Zeichen der abgeschlossenen Säkularisierung eingestellt werden müssen.

Wenn ein katholischer Kardinal im öffentlich-rechtlichen Fernsehen Geschichtsklitterung betreiben darf, die von beiden Kirchen vertretenen Werte als Wiege der heutigen Demokratie bezeichnen und die Strukturen innerhalb seiner Kirche als durchaus demokratisch bezeichnen darf, dann wird es schwierig. Zeitgleich werden dann gerne die angeblichen Vertreter des Durchschnittsmuslimen, wie Pierre Vogel oder des voll verschleierten, „total glücklichen“ Integrationspinguins durch die Talkshow geschleift. So kommt das Fernsehen sicherlich nicht seinem Bildungsauftrag nach.

Kritischer ausgewogener Journalismus müsste anders aussehen. Wieso gibt es keine kritischen Berichte über die Teilnahme von Kirchenvertretern an Ethik-Kommissionen? Der einzelne Kirchenvertreter mag ja geeignet sein, aber darf man Angehörige etwa einer Institution zu ethischen Fragestellungen heranziehen, wenn diese Institution beispielsweise Intoleranz gegenüber homosexuellen Staatsangehörigen predigt? Wieso wird nicht immer wieder über den Ursprung der Kirchensteuer und der damit nicht vorhandenen Gleichbehandlung aller Religionen berichtet?
Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Ein friedliches und produktives Zusammenleben aller Deutschen egal welcher Religionszugehörigkeit kann auf Dauer nur auf Augenhöhe funktionieren. Diese Augenhöhe zu schaffen kann nur ein säkularer Staat erreichen, der sich aus dem Würgegriff überholter und fragwürdiger Traditionen löst. Dies wird natürlich mit erbittertem Widerstand verbunden sein – von Seiten derer, die mehr als etwas zu verlieren haben.

Sollten sich irgendwann alle religiösen Institutionen in Deutschland rein über freiwillige Zuwendungen der Gläubigen finanzieren und diese damit einen demokratischen Einfluss auf die Besetzung der Posten haben, dann würden sich die Religionen besser in eine demokratischen Gesellschaft integrieren. Selbstverständlich müsste der Staat zum Schutz der demokratischen Grundrechte ein Auge auf alle Religionen haben. Schließlich ist Religionsfreiheit keine Narrenfreiheit, auch wenn dies heute ab und an so scheint.

Ich gebe es zu, diese Haltung, kurz gefasst Religion immer als Privatsache zu sehen und als solche von Seiten der Politik auch behandelt sehen zu wollen, ist natürlich hinterfragbar. Aber warum sollte man nicht auch den jetzigen Umgang mit Religion in Deutschland hinterfragen? Warum sollten sich Gläubige aller Religion nicht vorurteilsfrei öfters gegenseitig ausfragen?
Natürlich erfordert jede Frage eigentlich Hintergrundwissen. Wer sich als Christ mal ganz einfach über den Islam und die Gedanken und Ideen muslimischer Mitbürger informieren will, ich bin ganz einfach mal in die nächste Moschee gegangen und wurde direkt zu einem Tee und einem interessanten Gespräch eingeladen.



Sonntag, 26. März 2017
Schlafstörungen – Oder: Hilfe, wieso soll ich nicht erst schlafen, wenn ich tot bin?
- Verfasst 2011 -

Mal wieder keinen Schlaf gefunden und deshalb lieber die Nacht am Schreibtisch verbracht.
So manch eine bisherige Freundin musste schon darunter leiden, dass ich ab und an, egal ob aufgrund von positiven oder negativen Stress oder auch nur einer Überdosis meines Lieblingsgetränks Espresso quasi mitten in der Nacht aufgestanden bin und mich an den Schreibtisch gesetzt habe. Schäfchen zählen, warme Milch mit Honig und all die anderen „Hausmittelchen“, um doch noch die „kleinen Äuglein“ zu machen zu können, habe ich nie genutzt. Wenn ich nicht schlafen kann, dann halt nicht.
Erschwerend zu dieser meiner etwas laxen Haltung zur Notwendigkeit eines bestimmten Schlafpensums kommt hinzu, dass ich generell eher wenig Schlaf brauche, um fit zu sein. Zwar merke ich mit zunehmendem Alter, dass auch mein notwendiges Schlafpensum etwas ansteigt, aber es ist noch immer unterhalb der Norm. Wenn ich etwa so lange schlafen würde, wie manch eine Bekannte, wäre ich geräderter als ohne Schlaf.
Mein Großvater mütterlicherseits prägte das familienintern geflügelte Wort, wonach das Bett der schönste Platz der Welt sei. Geht es dabei um die Örtlichkeit des Schlafens teile ich diese Ansicht nicht. Schlaf kommt mir irgendwie wie Lebenszeitverschwendung vor, übersteigt er den notwendigen Rahmen. Schlafen kann man nun wahrlich ewig, wenn man tot ist.
Dieser kruden Ansicht zum Thema Schlaf kann ich sicher auch deshalb frönen, weil mir ein variabler Adrenalin-Spiegel zur Verfügung steht ;)
Ein guter Freund von mir ist den ganzen Tag im Eimer, wenn er nicht auf seine 8 Stunden Schlaf kommt. Wir hatten uns mal zum Brunch getroffen und er sah wirklich aus wie ein Zombie – Resultat von einer halben Stunde zu wenig Schlaf.
Mein Körper hingegen pumpt sich wie ein Junkie in der Drogenküche mit Adrenalin voll, wenn der Tag anbricht, egal wie die Nacht auch aussah.
**Mir fällt gerade ein, dass ich den Blog-Artikel auf Wiedervorlage lege und dann in zwanzig Jahren umformuliere in „Senile Bettflucht – Schläfst du noch oder stirbst du schon?“**
Natürlich könnte ich auch mal in das nächste Schlaflabor tippeln, mich verkabeln lassen und dann am nächsten Morgen hören, dass mein Schlafverhalten bzw. die Schlafstörungen gesundheitsschädlich sind. Aber da kann man es auch wie mit allem anderen zum Thema Gesundheit halten: Sucht man ein Problem, dann findet man auch eins ? Oder wie erklärt sich sonst der Umstand, dass mit steigender Zahl niedergelassener Ärzte in einem gewissen Gebiet auch die Erkrankungen zunehmen? ;) (O.k., natürlich liegt es nur an der Diagnostik und nicht am Interesse der Ärzte an Einnahmen)
Ich denke mal, dass wird sich mit jedem weiteren Lebensjahr weiter auswachsen, bis ich mit 90 Jahren 24 Stunden am Tag unter Tage schlafen werde ?

In diesem Sinne, der Morgen ist da und damit das Adrenalin...



Sonntag, 19. März 2017
Der Traum von einer besseren Welt - die gefährlichste Utopie deutscher Gutmenschen*?!
**Rubrik: Satire-Deponie**

- Verfasst 2011 -

Es gibt Grund zur Freude, jedenfalls verbreiten dies die meisten deutschen Medien. Der gnadenlose Diktator Gaddafi formerly known as gern umsorgtes Staatsoberhaupt von Libyen ist gestürzt, die Demokratie hat gesiegt.
Nun gestürzt ist er noch nicht so richtig, da noch nicht von den "Demokraten" wie einst Saddam Hussein aus irgendeinem Erdloch gezogen und fotografiert. Und die selben "Demokraten" schreien auch nur in den medialen Zusammenschnitten in Form immer der selben wenigen Einzelfälle "Freiheit" und nicht "Allah ist groß!".
Aber egal, "Wir", also die vielen deutschen, europäischen und amerikanischen Gutmenschen lassen uns unsere Stimmung nicht von solchen kleinen Details verderben. Aus dem hinweggebombten Regime des "kleinen Hitlers" Gaddafi wird sich bald eine lupenreine Demokratie erheben, wie bisher immer in solchen Fällen.
"Kleiner Hitler"?
Ja klar, ich dachte, seit dem die deutsche Linke damals einen Hussein aus Irak so bezeichnete, wird jetzt jeder Diktator oder dem Westen unliebsame Machthaber gleich mal in "Hitler"-Pascal gemessen.
Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Erich Honecker war kein "Kleiner Hitler", Josef Stalin auch nicht, Fidel Castro schon gar nicht und Napoleon Bonaparte, keine Rede. So ganz genau weiß ich noch nicht, wie "Hitler" gemessen wird.
Nun könnte man viele Kriege einfacher rechtfertigen, wenn man den Traum von einer besseren Welt einfach mal im Aktenordner der Visionen und Utopien abheftet.
Bei Kriegen geht es dann nur um nationale und internationale Interessen rationaler Art. Der französische Präsident brauchte eine nette Ablenkung von innenpolitischen Fehlern, die englische Regierung mal wieder einen "Beweis" ihrer internationalen Bedeutung, ihre amerikanischen Verbündeten mal wieder einen wirklich zu erringenden militärischen Sieg und viele Staaten weltweit leichteren Zugriff auf die Erdölreserven des Landes.
Praktischerweise musste man keine Bodentruppen dazu riskieren, bot sich doch eine bunte Truppe aus opferbaren echten Demokraten, ehemaligen Weggefährten des Diktators und Gotteskriegern an diesen Job zu übernehmen.

Es stellte sich allerdings über Wochen hinweg raus, dass es doch nicht so einfach laufen würde. "Die Sau" Gaddafi hat sich gewehrt! Und das auch noch peinlicherweise mit den Waffen, die ihm seine ehemaligen Verbündeten geliefert hatten. Doch nur für einen Gutmenschen im Endstadium hat dieser Umstand nur Negatives. Denn die Waffen waren bezahlt und wurden im Krieg zerstört, müssen also ergo von den neuen Machthabern Libyens irgendwann ersetzt werden. Das bedeutet neue Aufträge für die amerikanische und europäische Rüstungsindustrie.
In einer wünschenswerten besseren Welt würden die neuen Machthaber den Erdölreichtum des Landes für ihre Bevölkerung ausgeben, in der realen Welt werden sie nach guter alter Tradition versuchen ihre Macht mit Rüstungsausgaben zu sichern und sich selbst zu bereichern. In vielen Regionen dieser Welt ist diese Vorgehensweise praktisch Programm.
Doch nur Gutmenschen sind der Ansicht, dass würde vor allem an der Wahl der Mittel liegen, um in diesen Regionen Ordnung zu schaffen. Egal, ob man jetzt Brunnen bohrt bis zum Umfallen, Bomben abwirft bis die Munitionslager leer sind oder Lichterketten quer über den Globus bildet, die Veränderungen können nur die Menschen vor Ort erreichen.

Archaischen Stammesstrukturen etwa müssen hierzu überwunden werden, die Spirale aus Bürgerkriegenunterbrochen und wirtschaftliche Veränderungen in Angriff genommen werden. Europa und Amerika haben die Schrecken zweier Weltkriege "benötigt", um auf dem aktuellen demokratischen Stand zu sein. Der Mensch als gefährlichstes Tier der Welt lernt wohl leider fast ausschließlich durch negative Stimulanz dazu.
So ist der Traum von einer besseren Welt, geträumt von Gutmenschen wohl eine gefährliche Vision, hält er doch von realpolitischen Entscheidungen ab. Wer etwa als Teil dieses Traums propagiert, dass jede religiöse Ansicht gleich schützenswert sei, der verkennt im Zweifelsfall die Notwendigkeit radikale religiöse Strömungen mit Gewalt aufzuhalten. Es gibt religiöse, aber auch politische Fundamentalisten, die nur mit Härte aufzuhalten sind.

Härte wird leider, aber auch verständlicherweise aus der Erfahrung einer langen Friedenszeit heraus von vielen Menschen unbewusst gleichgesetzt mit übertriebener Härte. Die Schwäche angemessene Härte anzuwenden ist jedoch genauso fatal wie übertriebene Härte anzuwenden.
Aufgrund oftmals vorhandener mangelnder Lebenserfahrung überschätzen Gutmenschen oftmals die Wirksamkeit bzw. die Härte von Maßnahmen. So waren die schrecklichen Verbrechen während des Jugoslawien-Kriegs auch der Tatsache geschuldet, dass viele im Westen sich nicht vorstellen konnten, wie das Zurückweichen der Blauhelme als Schwäche ausgelegt werden könnte. Srebrenica steht beispielhaft für die Folgen der Fesseln, die sich die internationale Gemeinschaft selbst allzu gerne anlegt.
Interessanterweise sind Gutmenschen einerseits entfesselt, wenn es um Ihre Überzeugung geht, wir müssten Menschenrechte und demokratische Werte überall auf der Welt verteidigen. Andererseits lehnen sie eine Definition der eigenen nationalen Identität, die eben auf solchen Werten fußt, ab - aus Angst vor politischer Inkorrektheit. Es ist geradezu grotesk, dass als Argument für den Afghanistan-Einsatz die Befreiung der Frauen von Unterdrückung angegeben wird, wir hier aber in Deutschland nicht längst ein Kopftuch- und Schleier-Verbot eingeführt haben. Gerne rügen Gutmenschen des politischen Wanderzirkuses auch mal Zustände in anderen Ländern durch "provokante Aktionen, die total gefährlich waren".
Sie fahren zu Homosexuellen-Umzügen nach Moskau, "um Flagge zu zeigen", fahren in Kriegsgebiete um mit Taliban zu reden, "die einfach nur Frieden wollen" oder flechten sich vor Besuchen der Türkei die Farben einer kurdischen Terrororganisation ins Haar - trotz "der Gefahr". :(
Jetzt mal ehrlich: Mit dem deutschen Pass in der Tasche oder sogar als Vertreter einer deutschen Staatsinstitution wie dem Bundestag ist es höchstens dämlicher, aber sicher weitaus weniger gefährlich als für Einheimische. Sicherlich verbringen viele Menschen im Auswärtigen Amt unendlich viel weitaus produktiver einsetzbare Zeit damit, deutsche "Gutmenschen" irgendwo wieder rauszuholen, wo normale Menschen nie freiwillig hinfahren würden. Gerne treten diese Gutmenschen dann in zweit- oder drittklassigen (gemeint ist die Sachkenntnis der Teilnehmer) Talk-Shows auf, um ihre "schrecklichen" Erlebnisse zu erzählen. :(
Jetzt mal an einem Beispiel: Da sitzt dann ein ehemaliger, hoffentlich während seines Berufslebens kritischer Journalist und verbreitet, dass der Taliban, mit dem er "vor Ort" gesprochen hat, nach Frieden strebt. Kommt dieser Gutmensch nicht auf die Idee als "Propaganda-Geschütz" missbraucht zu werden?

*Gutmensch ist für mich im Gegensatz zu oft gelesenen Definitionen nicht per se abwertend gemeint. Privat verwende ich den Begriff meist positiv besetzt im Zusammenhang mit Menschen, die noch nicht wie so viele abgestumpft und desinteressiert für ihre Mitmenschen sind. In der Politik bzw. in Fragen der Realpolitik allerdings ist ein "Gutmensch" jemand, der aufgrund seiner Naivität und Verquickung von Politik und Moral zu falschen Schlüssen kommt.



Es geht doch nichts über Diskussionen ohne Ziel.....
**Rubrik: Gedankendeponie**

- Verfasst 2008 -

Wenn man heutzutage in der Arbeitswelt kreativ tätig ist, dann führt man Diskussionen mit einem klaren Ziel, nimmt an Seminaren teil mit mehr oder weniger sinnvollen Gesprächsgruppen, führt hunderte von
Telefonaten pro Monat, die sich rechnen müssen etc. Und obwohl es mir so ergeht und ich quasi vom geschriebenen und gesprochenen Wort lebe, trotz dieser Tatsache liebe ich es in meiner Freizeit zu diskutieren.
Egal ob mit Freunden oder Fremden, beinahe nichts vertreibt mir die Zeit so angenehm wie Diskussionen über die verschiedensten Themen. Als Verfechter weitgehender Minderheitenmeinungen bin ich quasi immer in solchen Debatten in der Minderheit.
Jetzt lässt sich natürlich die Frage stellen, ob ich nur deshalb solche Meinungen, die nicht dem Mainstream entsprechen habe, um diese sozusagen als einsamer Wolf in Gesprächsrunden zu verteidigen ;)
Wer weiß, zugegeben, je mehr Menschen ein und dieselbe Meinung vertreten, umso unglaubwürdiger erscheint sie mir.
Der natürliche Herdentrieb der meisten Zeitgenossen, dieses ?Man-weiß-doch..? und ?Man kann doch nicht sagen....? animiert mich zu hinterfragen, die Positionen anzugreifen und zu testen, ob der Vertreter auf der anderen Seite des Tisches, der Theke oder wo auch immer tatsächlich Argumente hat oder nur ?blufft?.
Leider oder Gott sei Dank (ziehe ich meine Diskussionslust in Betracht) haben immer mehr Menschen eine feste Meinung ohne fundiertes Wissen.
Auch ich habe kaum fundiertes Wissen auf jedem Gebiet, welches ich schon diskutiert habe, aber als ?Angreifer? braucht man das auch gar nicht.
Der Meinungsopportunismus, den ich als Ursache für Meinungen haben ohne sie begründen zu können ausgemacht habe, wird in der heutigen Gesellschaft gerade zu gefördert.

Kritische Menschen scheinen in kaum einem Bereich der Gesellschaft gefragt zu sein und so spülen sich alle möglichst weich. Sie ziehen sich auf scheinbar unkantige Positionen zurück.
- Den Dalai Lama zu verehren, kein Problem, da netter lächelnder weiser Mann (wobei mir noch keiner seiner Verehrer genau erklären konnte, warum er weise ist)
- Den Papst zu verehren ? schon schwieriger, außer es ist Weltjugendtag in Köln, da entdeckte auch der letzte RTL-Außenreporter seine Begeisterung für seine Heiligkeit
- Für den Kampf gegen den Klimawandel zu sein ? sehr gute Wahl, schließlich kosten solche Aussagen ebenso wenig, wie für Menschenrechte zu sein, zumindest wenn man schon welche besitzt (Spiegeln sich solche Haltungen in Taten wieder, ist es etwas anderes, aber bei wem ist dies schon der Fall)
- etc.pp.

Mit Meinungsopportunisten zu diskutieren macht einem einfach Vergnügen, man hat das Gefühl einen Wackelpudding argumentativ an die Wand zu nageln. Und mit genügend Nägeln gelingt einem das auch meistens.
Schade ist nur, dass dank Talk-Shows und Phrasenjournalismus, dank Kuschelpädagogik und gesellschaftlicher Konsenssucht am Ende der meisten Diskussionen zumeist ein Teilnehmer Konsens fordert, eine Einigung.
Zwischen richtiger und falscher Meinung einen Kompromiss zu fordern ist in etwa so, als würde man bei einer anderen Form der Diskussion, einem Duell mit dem Florett zwischen die Kämpfenden springen und lauthals Friedenslieder skandieren ? also extrem unpassend.
Zum Glück für mich und eines meiner liebsten Hobbies gab es in der Vergangenheit da immer Einigkeit mit meinen Kontrahenten.
Wir stießen beide mit dem Verbalflorett zu und verbaten uns jede Konsensfindung. Fängt man an, so was zu akzeptieren, gibt es bald keine Diskussionen mehr, sondern nur noch Einberufungen von Expertengremien zur Konsensfindung für alles und jedes.
Mögen die Spiele weitergehen ;)

P.S.: Jetzt sind wir endlich in Konsensistan angekommen ;)